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Startup

Foto: Hoda Bogdan/stockAdobe.com

Startup-City Hannover

Von Schwarmintelligenz im Straßenverkehr bis zu ­innovativem Zellstoff aus Abfällen der Ananas­pflanze: ­Hannover gehört zu den Gründungs-Hotspots in Deutschland.

Mit Schwarmintelligenz zum Ziel

Pendler*innen stehen in Deutschland im Schnitt 40 Stunden pro Jahr im Stau. Das junge hannoversche Unter­nehmen Graphmasters zeigt längst, dass das auch anders geht: Eine Welt mit fließendem Verkehr. Die Basis dafür bietet die eigens entwickelte NUNAV-Technologie, die jedem Fahrzeug eine individuelle Route zuordnet. Dabei verteilt NUNAV den Verkehr flächendeckend in die gesamte ­Straßeninfrastruktur. Durch die Kombination mit KI-­basierten Verkehrs­modellen, Verkehrsprognosen und Echtzeitverkehrsinformationen ­verbrauchen die Nutzer*innen von NUNAV weniger Kraftstoff und kommen pünktlicher ans Ziel. Das Prinzip heißt „Collaborative Routing“ und ­basiert auf Schwarm­intelligenz. 2013 als Startup mit ­Unterstützung der Wirtschaftsförderungs­gesellschaft ­hannoverimpuls in Hannover gestartet, ist ­Graphmasters heute ein international agierendes Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitenden und Nieder­lassungen in Großbritannien, der Schweiz und in Österreich. ­Graphmasters hat für sein Wachstum im ­TECHNOLOGIE ­ZENTRUM im Wissenschaftspark in Marienwerder den optimalen Rahmen gefunden.

Das TZ – Hannovers Standort für die Technologien von Morgen

Auf 6.500 Quadratmetern bietet das TECHNOLOGIE ZENTRUM (TZ) von hannoverimpuls mit Büros, Werkstätten, einer Technology Mall und Laboren innovativen, technologieorientierten Unternehmen und Startups die Möglichkeit einer optimalen Geschäftsentwicklung. Über die geförderten Räumlichkeiten hinaus greift hannoverimpuls den hier angesiedelten Unternehmen mit umfassenden Beratungs­angeboten und Services beim Durchstarten unter die Arme – von der Vernetzung mit passenden Kooperationspartner*innen bis zur Ermittlung geeigneter Förderungen und Finanzierungsquellen. Das TZ bietet durch seine räumliche Nähe zu überregional und international renommierten Forschungseinrichtungen und dem Maschinenbau-Campus der Leibniz Universität Hannover einen immensen Standortvorteil.

Das TECHNOLOGIE ZENTRUM von hannoverimpuls gibt innovativen, technologieorientierten Unternehmen und Startups die Möglichkeit einer optimalen Geschäftsentwicklung. Foto: hannoverimpuls
Das TECHNOLOGIE ZENTRUM von hannoverimpuls gibt innovativen, technologieorientierten Unternehmen und Startups die Möglichkeit einer optimalen Geschäftsentwicklung. Foto: hannoverimpuls

Kosteneinsparung in der Industrie: Fertigung direkt am Bauteil

Den nutzt auch die Picum MT GmbH – eine Ausgründung des ­Instituts für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen der Leibniz Universität Hannover. Picum MT entwickelt mobile sowie hoch­flexible Präzisionssysteme, um anspruchsvolle Fertigungsverfahren ­direkt am Bauteil durchzuführen. Hierzu hat das Unternehmen eine Bearbeitungstechnologie entwickelt, die eine ganze Prozesskette in einer Maschine vereint und damit Schritte wie den zeitaufwändigen Transport der Bauteile überflüssig macht. Das Ergebnis: riesige Zeit- und Kosteneinsparungen. Picum war 2015 Preisträger beim Gründungswettbewerb Startup-Impuls und wurde durch das Programm EXIST-Forschungstransfer gefördert. Das wachsende Unternehmen verknüpft klassischen Werkzeugmaschinenbau mit Sensorik zur ­Digitalisierung und Methoden aus der Robotik und schafft damit als Hightech-Startup Arbeitsplätze in den Bereichen Ingenieurwesen und Informatik.

 

Hannovers Erfolgsfaktoren als Gründungsstandort

Startups sind Wachstumsmotoren am Standort. Was macht Hannover so attraktiv für sie? Ein Mix aus vernetzten Institutionen und Akteuren mit dem Ziel, Gründungswillige in allen Phasen der Gründung eines Unternehmens zu unterstützen. Das reicht von Vorbildern in Form von erfolgreichen Unternehmen und Mentor*innen über Finanzierung und Räume bis hin zu den Rahmenbedingungen. Hannovers „Startup-Ökosystem“ zeichnet sich dadurch aus, dass sich so viele Verantwort­liche zum Standort bekennen. Gründungsinteressierte finden zahlreiche Möglichkeiten zum Networking insbesondere auch mit bereits etablierten Unternehmen. Es gibt privatwirtschaftliche Coworking-Spaces wie den Hafven, einem der größten Coworking- und Maker-Spaces Deutschlands mit eigenem Accelerator-Programm. Ein zweiter Accelerator, die VentureVilla, bietet Early Stage-Startups im Bereich der Web- und Softwaretechnologie ein 100-tägiges Accelerator-Programm. Dazu gehören kostenloses individuelles Coaching und Mentoring, ­eigene Arbeitsplätze im Herzen von Hannover und Zugang zu einem großen Netzwerk an Investor*innen.

Der Gründungswettbewerb als erfolgreiche Starthilfe

Seit 19 Jahren lobt hannoverimpuls zudem gemeinsam mit der Sparkasse Hannover jährlich den in Norddeutschland höchstdotierten Gründungswettbewerb mit überregionaler Strahlkraft aus – „Startup-Impuls“. Insgesamt wurden bisher Sach- und Geldpreise im Wert von über 1,5 Mio. Euro an Gründungsteams ausgeschüttet und 50 ­Startups in verschiedenen Preiskategorien prämiert. Wingfield beispielsweise hat 2017 mit seiner Innovation im Sport gewonnen. Mit Hilfe von künstlicher Intelligenz und innovativer Bildverarbeitungssoftware ist die Wingfield-Box in der Lage, verschiedenste Daten eines Tennis-Matches zu tracken und auszuwerten. Tennisplätze werden so zu ­digitalen Smart Courts und die Ergebnisse gibt es bequem per App. Seit der Markt­einführung Anfang 2019 hat sich Wingfield zum europäischen Marktführer für Tracking-Technologie im Tennis entwickelt und ist mittlerweile in 16 Ländern aktiv. Einer der Investor*innen in die ­weitere Expansion: Die Hannover Beteiligungsfonds GmbH (HBF) von ­hannoverimpuls.

Auch eco:fibr ist eines der Gewinner-Teams 2021. Das Startup nutzt pflanzliche Reststoffe von Ananasplantagen in Costa Rica und stellt Zellstoff aus Ananaspflanzen her – eine echte Alternative zum Holzzellstoff. Das Team erhielt auch ein EXIST-Gründungsstipendium, um den Zellstoff aus Pflanzenabfall in großem Maßstab zu extrahieren. Eine Musterfabrik auf einer Partnerplantage in Costa Rica ist im Aufbau.

Digitalisierung im Gesundheitswesen und künstliche Intelligenz können zur Entwicklung neuer wirksamer Behandlungsmöglichkeiten sowie zu Kostensenkungen beitragen und die Eigenverantwortung der Patient*innen stärken. Foto: PhotoPlus+/stockAdobe.com
Digitalisierung im Gesundheitswesen und künstliche Intelligenz können zur Entwicklung neuer wirksamer Behandlungsmöglichkeiten sowie zu Kostensenkungen beitragen und die Eigenverantwortung der Patient*innen stärken. Foto: PhotoPlus+/stockAdobe.com

Aus der Forschung in die Praxis: starting business und Invest-Impuls

eco:fibr und Picum MT zeigen exemplarisch, Universitäten und Fachhochschulen liefern dem Gründungsökosystem Talente. Mit „starting business“, dem gemeinsamen Gründungsservice der Leibniz Uni­versität Hannover und hannoverimpuls, werden Gründungswillige wie Picum MT direkt dort abgeholt, wo die Ideen entstehen. Auf der Investorenseite ist Hannover mit den Fonds von hannoverimpuls im Bereich Seed-Finanzierungen gut aufgestellt. Unter der Dachmarke ­Invest-Impuls investiert die Wirtschaftsförderungsgesellschaft in innovative technologieorientierte Startups. So können diese in der ­Region gehalten werden. Ein Beispiel: RFmondial. Für Hörer*innen ist es längst normal, dass sie Radiosender bundesweit auf einer Frequenz in Top-Qualität verfolgen können. 

Dahinter steckt digitales Radio, das UKW langfristig komplett ersetzen soll. Mit Produkten und Dienstleistungen für den digitalen Rundfunk hat sich RFmondial mittlerweile weltweit einen Namen gemacht. 13 Jahre nach Gründung ist das Unternehmen international Weltmarktführer im Digitalradio-Standard DRM – und das mit Begleitung von hannoverimpuls und Beteiligungskapital von Invest-Impuls. 2020 hat das Unternehmen übrigens die Unternehmensanteile komplett zurückgekauft – und das sogar mit Rendite für die Investoren.

Toller Standort für Female Startups

Frauen gründen anders – vor allem nachhaltiger. Deshalb ist es ein ­besonderer Erfolg, dass Hannover bei Female Startups sogar bundesweit die Nase vorn hat. Über Instrumente wie den Female Health ­Incubator (FHI), der Health-Startups von 2020 bis 2022 unterstützt hat, um die Chancen der Digitalisierung für die Gesundheitsversorgung voran­zutreiben, hat unter anderen HistaFit den Markteintritt geschafft. ­HistaFit bietet eine Plattform, die passgenau Informationen und Produkte für Menschen mit Histamin-Intoleranz anbietet. Das Spektrum an unternehmerischen Ideen, die im FHI vorangebracht wurden, ist vielfältig. In drei Durchläufen haben 13 Teams den Inkubator genutzt, um Angebote wie das digitale Pflegeportal von KindCare, das Angehörige, pflegerische Einrichtungen und Unternehmen vernetzt, weiterzuentwickeln. Möglich war das mit Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) im Rahmen des Projekts „Soziale Innovation“.

Mit Digital Health City Hannover (DHCH) in die Zukunft

Um das Heben neuer Marktbereiche rund um digitale Gesundheitsanwendungen geht es auch beim neuen Netzwerk Digital Health City Hannover (DHCH). Mit bereits mehr als 50 Partner*innen und zahlreichen Kooperationsanfragen ist DHCH ein neuer Baustein in der Zusammenarbeit, der Hannovers Ruf als Startup-City auch im Bereich Digital Health weiter fortschreiben wird.

Kurze Wege und viel Austausch im Startup-Ökosystem

Ein smarter Fußball von iotis, ein Strommessgerät namens FUSE zum Messen kleinster Ströme oder Therapeutika zur Reparatur von Herzkrankheiten von Cardior – die Zahl zukunftsweisender Innovationen aus Hannover ist lang und ließe sich beliebig weiter fortschreiben. Eins haben dabei aber alle gemeinsam: Hannover nutzt Schwarmintelligenz nicht nur erfolgreich im Straßenverkehr. Ideen entstehen und wachsen im aktiven Austausch innerhalb eines agilen ­Startup-Ökosystems.

Titelbild: Hoda Bogdan/stockAdobe.com