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Klimaschutz

Foto: Tarnero/stockAdobe.com

Energiewende für mehr Klimaschutz

ZIEL 2035: TRANSFORMATION ZUR KLIMANEUTRALITÄT

Interview mit Dr. rer. pol. Jens Clausen, Borderstep Institut

Die Region Hannover und auch die Landeshauptstadt Hannover haben sich dazu verpflichtet, bis 2035 die Klimaneutralität zu erreichen: Der CO2-Ausstoß soll reduziert und die verbleibende Menge des Treibhausgases kompensiert werden. Die Ziel­marke 2035 ist freiwillig, denn das Klimaschutzgesetz des Bundes setzt eine Frist bis 2045. Doch Hitzewellen, Stürme und Gletscherschmelze weltweit zeigen: Wir sind auf dem „Highway zur Klimahölle“, wie es Generalsekretär António Guterres auf der Weltklimakonferenz 2022 in Ägypten drastisch formulierte. Die ernste Lage bedeutet also eine politische Verpflichtung für Stadt und Region. Doch wo stehen wir he ute? Sind wir schon erfolgreich auf dem Weg zur Klimaneutralität?

Foto: Thomas Deutschmann
Dr. rer. pol. Jens Clausen, Borderstep Institut, Foto: Thomas Deutschmann

Dazu muss man zunächst auf die verbrauchte Energie schauen. Die maßgebliche Einheit hierfür ist die Terrawattstunde (TWh), die einer Milliarde Kilowattstunden entspricht. Das ist ungefähr so viel Energie, wie 50.000 Einfamilienhäuser pro Jahr zum Heizen benötigen. Laut „Energie- und Treibhausgasbilanz für die Region Hannover 2020“ liegt der Endenergieverbrauch der Region Hannover 2022 bei rund 25,2 TWh.

Diese Menge Energie nachhaltig bereitzustellen, bedeutet eine enorme Herausforderung. Das sieht auch Jens Clausen so. Der studierte ­Diplomingenieur hat sich auf die Transformationsforschung in den Feldern Energie und E-Mobilität spezialisiert und arbeitet für das ­gemeinnützige, durch öffentliche und private Forschungsaufträge ­finanzierte Borderstep Institut für Innovation und Nachhaltigkeit. Das Institut sitzt in Berlin, doch Clausen, der das Institut mitbegründet hat, forscht seit 1991 in Hannover. Er kennt die Situation in der Region. Wir haben mit ihm gesprochen.

Der Energiebedarf der Region

Satzungsgebiete Fernwärme Region Hannover Foto: enercity
Satzungsgebiete Fernwärme Region Hannover Foto: enercity

Dr. Clausen, laut „Energie- und Treibhausgasbilanz für die ­Region Hannover 2020“ entfällt jeweils ein rundes Drittel der 25 TWh Endenergieverbrauch auf die Sektoren Haushalte, Wirtschaft und Verkehr. Mit welchem Sektor fangen wir an?

Ich finde es spannender, danach zu fragen, welche Energieträger eigentlich verbraucht werden! Zunächst sind das 9 TWh Erdgas, Heizöl und Kohle und zwar für die Wärme in Industrie, Gewerbe, öffentlichen Einrichtungen und Haushalten. Dazu kommen 7 TWh Treibstoffe, also Benzin und Diesel, dann 5 TWh Elektrizität. Die stammen aus dem bundesweiten Strommix und daher zu etwa 2 TWh aus regenerativen Quellen. Aber hier wird sich einiges verschieben. 

Durch zahlreiche Wärmepumpen, durch die Elektrifizierung bei Verkehr und indus­trieller Prozesswärme werden wir viel mehr Strom benötigen als bisher. Gegenwärtig müssten nur 3 TWh fossiler Strom durch Grünstrom ­ersetzt werden. Rechnen wir die neuen Bedarfe hinzu, fehlen eher
8 TWh grüner Strom. 

Moment mal. Demnach würde der Energiebedarf im Ganzen also sinken?

Ja, denn Sie müssen die enorme Effizienzsteigerung berücksichtigen. Die steigt durch den Einsatz von E-Fahrzeugen im Vergleich zu Verbrennern um den Faktor 5. Das spart in der Region ungefähr 4 TWh Primärenergie. Beim Austausch von Gas- und Ölheizungen durch ­Wärmepumpen liegt der Faktor bei 3. Das spart weitere 4 TWh. Und auch durch Sanierungen sparen wir vielleicht 2 TWh. Anders gesagt: Das E-Auto benötigt für die gleiche Strecke bei gleichem Tempo weniger Energie. Entsprechendes gilt für die Wärmepumpe. Insgesamt brauchen wir in Zukunft also wohl eher 15 TWh als heute 25 TWh Energie, davon aber viel mehr Strom als heute.

Ausbau von Windkraft und Photovoltaik

Das heißt in der Konsequenz: Die Region wird Mühe haben, die steigende Nachfrage nach Strom zu decken. Wenn wir jetzt die ­wesentlichen Schritte auf dem Weg zur Klimaneutralität skiz­zieren: Wie sieht es beim Ausbau von Windkraft und Photovoltaik aus?

Schon jetzt ist die Region dabei, intensiv nach möglichen Flächen für Windräder zu suchen. Die gesetzlichen Änderungen auf Bundesebene im „Osterpaket“ 2022, die von Klimaschutzminister Robert Habeck erreicht wurden, schaffen zumindest im Bereich der sogenannten Drehfunkfeuer der Flugsicherung neue Möglichkeiten. Auch die neue rot-grüne Landesregierung will die Bedingungen verbessern. Denn die Zahl der Anlagen muss deutlich zunehmen. Ende August 2022 gab es rund 6.300 Windräder in Niedersachsen, davon rund 250 Anlagen in der Region. 

Deren Zahl müsste sich ja locker verdoppeln oder verdreifachen, wenn man den Strombedarf decken will.

Es geht ja nicht nur um die Zahl. Durch Repowering kann oft mit ­einer größeren neuen Anlage deutlich mehr Strom am selben Standort ­gewonnen werden als durch eine alte, kleinere Anlage. Und die Akzeptanz der Bevölkerung soll dadurch gefördert werden, dass in Zukunft die Kommunen am finanziellen Ertrag der Stromerzeugung im Gemeindegebiet beteiligt werden. Das gilt im übrigen nicht nur bei Windkraft, sondern auch bei großen Photovoltaik-Freiflächenanlagen.

Wie sieht es denn bei der Erzeugung von Sonnenstrom aus?

Die Bundesregierung hat eine PV-Pflicht für alle Arten von Neubauten eingeführt. Doch das hilft nicht viel, denn so viel wird ja nicht neu gebaut. Noch wichtiger ist daher die PV-Pflicht bei grundlegenden Dachsanierungen, die laut Koalitionsvertrag der neuen Landesregierung ab 2025 gelten soll. Darüber hinaus strebt die Landesregierung rund 250 km2 Freiflächensolaranlagen an. Für die Region Hannover würde dies etwa 10 km2 PV-Fläche bedeuten. Vermutlich ist das aber immer noch deutlich zu wenig.

PV-Anlagen auf 3x3 drei Kilometer Fläche, dazu viele neue ­Windräder: Schön sieht das nicht aus. Wäre es nicht sinnvoller, PV-Paneele auf bestehende Dachflächen und Parkplätze zu setzen, die die ganze Region überziehen – durch ökonomische Anreize oder eine Nutzungspflicht?

In der Region dürfen auf rund 160 km2 Fläche Energiepflanzen wachsen. Das ist Intensivlandwirtschaft ohne viel Biodiversität. Ist auch nicht so schön. Unter Freiflächen-Solaranlagen sammeln sich dagegen Blühpflanzen und Insekten. Wir müssen lernen, damit einfach anders umzugehen. Und wir dürfen nicht vergessen, dass wir schnell und viel zubauen wollen. Das geht auf der Freifläche viel schneller voran, als wenn man immer alle 10 m2 einzeln beplanen muss. Abgesehen davon besteht eine große Aufgabe darin, die Anlagen trotz lückenhafter ­Lieferketten und trotz Fachkräftemangel zu installieren. Alles nicht einfach. Zumindest lässt sich sagen, dass die Region in ihrem Bemühen um Klimaneutralität 2035 jetzt auf Landes- wie auch auf Bundesebene Unterstützung erfährt. Aber die Regionsverwaltung sollte sich immer vor Augen halten, dass das Ziel mit zusätzlichen 8 TWh Grünstrom bis 2035 sehr hoch hängt. Zwar kann ein Teil auch außerhalb der Region produziert werden, aber eine hohe Eigenerzeugung ist notwendig.

Wärmewende in Haushalten, Industrie und Gewerbe

Schauen wir auf die Wärmewende in den Haushalten. Wie ist hier die Situation?

Wir erwarten vom Bund und vom Land Niedersachsen eine Pflicht zur Wärmeplanung, die insbesondere die Kommunen und damit auch die Region Hannover verpflichtet. In Hannover ist eine kommunale ­Wärmeplanung 2022 beschlossen worden. Das ist dann der Rahmen für die Transformation der Wärmeversorgung in Haushalten und ­Gewerbe, Handel und Dienstleistung. In verdichteten Wohngebieten werden vermehrt Fern- und Nahwärmenetze gebaut oder erweitert ­werden.

Wobei sich die kleineren Städte aktuell raushalten. Dabei hätten Kommunen wie Barsinghausen, Burgdorf und Wunstorf sicher Potenzial, gerade in Kombination mit Nutzung von Biomasse.

Das stimmt so nicht. Die Stadt Springe hat ein Wärmenetz gebaut, ­leider beheizt durch Biomasse. Mittlerweile werden in anderen Ländern schon Urwälder abgeholzt, um Deutschland mit Holz zum Heizen zu versorgen. Holz und überhaupt Biomasse ist knapp und die Wis­senschaft warnt, dass diese Ressourcen aufgrund des Klimawandels noch knapper werden. Bei neuen Wärmenetzen sollte man sich also ­andere Lösungen überlegen. In Wunstorf gibt es Überlegungen, ­Wärme aus dem alten Bergwerk Sigmundshall für ein neues Wärmenetz zu nutzen.

Hannover ist in Sachen Fernwärme in der Region aber sicher Vor­reiter durch die 2022 verabschiedete Fernwärmesatzung. Sie wird dazu ­führen, dass von 2023 an immer mehr Gebäude von enercity an die Fernwärme angeschlossen werden: von derzeit 3.500 Gebäuden steigt die Zahl auf vielleicht über 10.000 im Jahr 2035. Im Zuge der Fern­wärmeanbindung werden auch die Heizungssteuerungen digitalisiert. Das bringt erhebliche Einsparungen durch höhere Effizienz und ist ein weiterer Beitrag zur Klimaneutralität. Dabei muss die Fernwärme natürlich regenerativ erzeugt werden. Neben der Verbrennung von ­Abfall, Klärschlamm und Altholz sind als Wärmequellen die Abwärme aus der Industrie, die Geothermie und Wärmepumpen im Gespräch. Bis 2025 wollen die Stadtwerke 50 Prozent der Fernwärme aus erneuerbaren Energien gewinnen. Ab dem Jahr 2027 sollen es dann 75 Prozent sein.

Außerhalb der Fernwärme-Vorranggebiete wird künftig die Wärmepumpe dominieren?

Ja. Wir und viele andere gehen davon aus, dass die Bundesregierung den Einbau konventioneller Öl- und Gasheizungen ab Januar 2024 – von wenigen Ausnahmen abgesehen – untersagen wird. Deshalb ist gegenwärtig ein deutlicher Nachfrageanstieg nach Wärmepumpen zu beobachten, obwohl Habeck die KfW-Förderung umgebaut hat. In vielen Fällen gibt es jetzt weniger Förderung als bisher, in anderen aber auch mehr. Das Interesse an Wärmepumpen ist jedenfalls groß. Während der von mir koordinierten „Woche der Wärmepumpe“ im Oktober 2022 haben sich 2.500 Menschen über die Möglichkeiten dieser Heizungstechnologie informiert.

Bleibt nur die Frage, wie Bürger und kleine Gewerbebetriebe den Umstieg finanzieren sollen. Die Kosten für die Anlagen sind offenbar deutlich gestiegen. Dazu kommen die Stromkosten. Rechnet sich das?

Die Zeiten von billigem Gas, mit dem wir auf Kosten unserer Kinder und Enkelkinder heizen, sind wohl endgültig vorbei. Aber während es viele von uns völlig normal finden, für ein Auto 40.000 Euro auszu­geben, rufen solche Summen bei Heizungsanlagen Kopfschütteln hervor. Sind wir lieber schnell als warm? Die Frage, ob sich das rechnet, stellt sich bei einem neuen Fernseher auch nicht. In Zukunft werden sich Heizanlagen wohl nicht dadurch rechnen, dass sie billiger sind als früher. Sie werden sich aber lohnen, weil wir es sonst einfach nicht warm haben.

Aber wie sieht es mit der Umrüstung von Bestandsgebäuden aus? Diese Häuser sind meist schlechter gedämmt, was den Einsatz von Wärmepumpen behindert.

Das stimmt in dieser Pauschalität nicht. Tatsächlich gibt es zahlreiche Beispiele, die das Gegenteil belegen. Die Zahl der Wärmepumpen im Bestand wird daher zunehmen. Immer mehr Hausbesitzer setzen ­dabei auf eine konsequente Elektrifizierung. Diese besteht dann aus einer Photovoltaikanlage mit möglichst mehr als 10 kW Spitzenleistung (peak), einem Stromspeicher, einer Wärmepumpe und einer Lade­station fürs eigene Elektroauto. Erste Beispiele in der Region zeigen, dass sich ein – einigermaßen gedämmtes – Einfamilienhaus auf diese Weise weitgehend selbst mit Energie versorgen kann. Zugleich können die Energiekosten für Strom, Heizen und Autofahren auf wenige ­hundert Euro im Jahr fallen. Es ist zu erwarten, dass auch viele Besitzer von Einfamilienhäusern mit diesem Ziel vor Augen, in Sachen Energiewende aktiv werden.

Die Zahl der Wärmepumpen im Bestand wird zunehmen. Immer mehr Hausbesitzer setzen ­dabei auf eine konsequente ­Elektrifizierung. Foto: EKH-Pictures/stockAdobe.com
Die Zahl der Wärmepumpen im Bestand wird zunehmen. Immer mehr Hausbesitzer setzen ­dabei auf eine konsequente ­Elektrifizierung. Foto: EKH-Pictures/stockAdobe.com

Was ist mit Wasserstoff und Biomasse? Gerade Biomasse wäre ­interessant: Energie aus der Region aus Biotonne, Feld und Wald, die unabhängig von Wind und Sonne zuverlässig Wärme und Strom liefert.

Wasserstoff wird ein Thema, es kommt aber für unsere Zielmarke 2035 viel zu spät und dieser wird nach gegenwärtigem politischem Konsens nie im Erdgas-Verteilnetz in Hannover fließen. Denn die Stadt wird das Erdgasnetz im Zuge des Fernwärmeausbaus abbauen.

Was Biomasse angeht: Die ist, wie ich bereits erwähnte, knapp und wird in Folge des Klimawandels noch knapper werden. Die Bundesregierung warnt bereits davor, wobei insbesondere der Brennstoff Holz nicht unbedingt nachhaltig gewonnen wird und beim Verbrennen viele Schadstoffe freisetzt.

Das ist das Sorgenkind der Energiewende: die klimaneutrale Versorgung der Industrie mit Prozesswärme. Sehen Sie das auch so?

Ja. Dabei stehen nicht nur die bisher viel zu hohen Strom­kosten in Deutschland der Elektrifizierung der Prozesswärmever­sorgung entgegen. Auch der Ausbau des Stromnetzes zur Versorgung zusätzlicher Großverbraucher ist bislang nicht durchgeplant. Man hat damit nicht einmal begonnen. In der Region Hannover arbeiten zum Beispiel zwei Zementwerke, die zusammen ungefähr eine Million Tonnen CO2 jährlich emittieren. Die Betreiber bemühen sich um Fortschritte, aber ­bisher wird nicht einmal die Abwärme der Anlagen ins Fernwärmenetz eingespeist.

Die Verkehrswende

Die Verkehrswende ist ein schillernder Begriff, der umstritten ist. Die einen wollen am Autoverkehr nicht rütteln und denken, mit der Elektrifizierung sei alles getan. Andere wollen den Auto­verkehr reduzieren, wieder andere auch den Autobestand. Wie ist Ihre Position?

Es sind zu viele Autos da. Viele davon sind unangemessen groß und ­aufgrund ihres immensen Gewichts verschwendet ihre Nutzung Ressourcen. Dazu kommt der Ressourcenverbrauch für die Produktion der Fahrzeuge. Und schließlich der hohe Verbrauch. Autos mit Ver­brennungsmotor sind hochgradig ineffizient, denn drei Viertel der Energie kommt bei ihnen als Wärme aus dem Auspuff. Eine konsequente Verkehrswende ist dabei für Politikerinnen und Politiker anstrengend, weil sie in tägliche Routinen der Bevölkerung eingreift. Denn die Nutzung des Autos ist auch das Ergebnis von 70 Jahren ­autogerechtem Umbau der Städte und Dörfer in der Region. Wohnen, Arbeiten, Lernen und Einkaufen liegen häufig so weit auseinander, dass es ohne Auto kaum zu schaffen scheint. Dennoch können wir als Konsumierende etwas tun, zum Beispiel die vielen Kurzstrecken, die immer noch mit dem Auto gefahren werden, mit dem Rad oder zu Fuß zurücklegen.

Wir müssen also Mobilität sichern, den Individualverkehr aber reduzieren. Das geht unter anderem durch eine verkehrsvermeidende Stadtentwicklung – und dadurch, dass wir es unattraktiv machen, viel mit dem Auto unterwegs zu sein. Wenige und teure Parkplätze wie auch ein konsequentes Tempo 30 in der ganzen Stadt könnten helfen. Und alles, was noch an Autos mit Verbrennungsmotor fährt, muss bis zu ­einer konsequent gedachten Klimaneutralität 2035 von der Straße – oder durch Autos mit Elektroantrieb ersetzt werden.

Mit dem Ausbau der Ladeinfrastruktur befindet sich die Region bereits auf einem guten Weg. Die Nachfrage nach Elektroautos sollte aber weiter stimuliert werden, zum Beispiel durch die Ankündigung bis 2035 alle Tankstellen zu schließen, die fossiles Benzin und Diesel ­verkaufen. Diese Treibstoffe passen nicht zur Klimaneutralität.

Reicht es aus, Autofahren unattraktiver zu machen? Braucht es nicht auch bessere Radwege und einen besser aufgestellten ÖPNV?

Ja, natürlich. Es braucht ein dichtes Netz von Velorouten und ­Radschnellwegen. Auch das Angebot von Bussen und Bahnen muss ausgebaut werden. Vor allem braucht es neue flexible Angebote wie „Moia“ oder „Sprinti“, der bislang nur in wenigen Umlandkommunen Hannovers unterwegs ist. Das sind im Prinzip Sammeltaxis ohne feste Routen und Haltestellen, die Menschen jederzeit und zu recht günstigen Preisen von A nach B bringen.

Bislang sind die Ergebnisse der Verkehrswende aber eher bescheiden. Und das ist milde formuliert. 2011 lag der Pkw-Anteil am Verkehrsaufkommen – also Fahrer:innen und Mitfahrer:innen – laut Region Hannover bei 49 Prozent, im Jahr 2020 noch bei 45 Prozent. Im selben Zeitraum ist der Anteil des ÖPNV von 15 auf 14 Prozent gesunken. Der Radverkehr hat von 15 auf 17 Prozent zugenommen.

Selbst Vorzeigestädte wie Kopenhagen zeigen, dass es lange dauert, die Menschen aus dem Auto heraus auf das Fahrrad oder in den Bus zu bekommen. Auch daher denke ich, dass in den nächsten Jahren für viele Menschen das effiziente Elektroauto, bei dem über 80 Prozent der Energie für den Vortrieb genutzt wird, wichtig sein wird. Nur bitte nicht in Form von Drei-Tonnen Boliden mit Riesenbatterien, die erhebliche Ressourcen binden.

Alles in allem stehen wir vor gewaltigen Aufgaben.

Die Politik von Stadt, Region, Land und Bund ist jetzt aber auf allen Ebenen und nicht zuletzt aufgrund neuer politischer Koalitionen ­dabei, diese Aufgaben anzugehen. Dabei wird es auch in Zukunft reichlich Gegenwind geben und es wird anstrengend, die Maßnahmen weiter und konsequent gegen alle Widerstände voranzutreiben. Was wir daher benötigen, sind positive Zukunftsbilder wie zum Beispiel das elektrifizierte Eigenheim mit extrem niedrigen Energiekosten oder die Vision einer autoarmen und gerade daher attraktiven Mobilität. Und schließlich müssen wir auch an die Mieterinnen und Mieter in den Mehrfamilienhäusern denken. Sie dürfen nicht vergessen werden, wenn es etwa um die Vorteile der Eigenversorgung durch Solarstrom geht. Aber hier ist vor allem die Bundesregierung in der Pflicht.

Titelbild: Tarnero/stockAdobe.com