Zum Inhalt springen

Logistik

Foto: Shutter2U/stockAdobe.com

Logistik der Zukunftsstadt gestalten

Kompetenzregion Urbane Logistik: Seit 2016 befasst sich die Landeshauptstadt Hannover (LHH) proaktiv mit der Ausgestaltung der Zukunft im Themenfeld der urbanen Logistik. Ihren Ursprung hat das Engagement in der Initiative Urbane Logistik Hannover, die als Ergebnis aus dem Stadtdialog „Mein Hannover 2030“ ins Leben gerufen wurde.

Der Handlungsbedarf begründet sich neben den adressierten Bedürfnissen der Bürger*innen einer lebenswerten Stadt aus vielen verschiedenen und eng miteinander verbundenen gesellschaftlichen Trends. Der zunehmende E-Commerce bedingt einen Anstieg der Paketsendungen in den Sektoren Business to Business (B2B) sowie Business to Customer (B2C). Die Digitalisierung verändert Gewohnheiten, Formen der Mobilität und angegliederter Dienstleistungen, beispielsweise in Form von Mobility as a Service (MaaS) und Transport as a Service (TaaS) oder autonomer und vernetzter Systeme. Während sich heute die Flächenkonkurrenz im ­öffentlichen Raum noch zuspitzt, deuten die Perspektiven längerfristig in Richtung Entlastung, Sicherheit und Effi­zienz. Die LHH ist idealer Standort für die Gestaltung und Erprobung der Zukunft der Logistik, unter anderem aufgrund der leistungsfähigen Infrastrukturen der autogerecht wiederaufgebauten Stadt, der geografisch günstigen Lage am Knotenpunkt der A 2 und A 7 liegend sowie einer ­großen Anzahl an logistischen Prozessen und Player mit großen ­Volumina im Stadtgebiet.

Die Stakeholder der Initiative Urbane Logistik Hannover sind Partner*innen aus Wirtschaft (Volkswagen Nutzfahrzeuge, DHL, ­enercity AG), Wissenschaft (Leibniz Universität Hannover, Hoch­schule Hannover, Technische Universität Braunschweig) und dem öffentlichen Sektor (LHH, Land Niedersachsen). Zusammen wurde eine gemeinsame Vision für die urbane Logistik der Zukunftsstadt ­entwickelt, in deren Mittelpunkt die Bedürfnisse der Menschen einer lebenswerten Stadt stehen. Die Logistik der Zukunft im klimaneu­tralen Hannover steht für leise, emissionsfreie und sichere Transportlösungen sowie für eine innovative Infrastruktur im urbanen Raum.

Wissen und Forschung

Die Initiative Urbane Logistik Hannover hat Hannover als Kompetenzregion für Fragen und Lösungsansätze rund um die urbane Logistik der Zukunft etabliert. Initiiert durch Partner*innen der Initiative, startete 2017 das vom BMBF geförderte Forschungsprojekt USEfUL. Im Rahmen von USEfUL wurde eine Web-Applikation als Untersuchungs-, Simulations- und Evalua­tionstool für Urbane Logistik entwickelt, mit der Logistikkonzepte simuliert und optimiert sowie deren Auswirkungen auf das Leben in der Stadt und den Gesamtverkehr aufgezeigt werden können. Die Zusammensetzung der Projektpartner*innen im Forschungsprojekt USEfUL bringt Kommune, Wissenschaft und Wirtschaft zusammen und strebt den Austausch von Ideen und Fachwissen an.

Die LHH leitete das Projekt und führte es gemeinsam mit ihren Verbundpartnern Leibniz Universität Hannover, Technische Universität Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig, Hochschule Hannover und Volkswagen AG durch. Beispielsweise wird der Einsatz von Mikro-Hubs betrachtet und bewertet. Mikro-Hubs dienen als mobile oder stationäre Lagerungsorte, von denen aus eine Feinverteilung durch Dienstleistungsunternehmen mit E-Fahrzeugen oder Lastenrädern ­erfolgen kann. Diese zukunftsfähige Transportlösung kann dazu bei­tragen, die Anzahl schwerer Nutzfahrzeuge in urbanen Räumen und die damit verbundenen Auswirkungen auf den öffentlichen Raum und die Umwelt zu verringern.

Im Rahmen des Forschungsprojekts ­USEfUL waren die Bürger*innen eingebunden, um Erkennt­nisse über die Akzeptanz der Bewohner*innen und Unternehmen für zukunftsweisende Logistikkonzepte zu gewinnen. Im Transfer und Verstetigungsprojekt USEfUL XT wird nun der Transfer effektiver urbaner Logistikkonzepte auf den ländlichen Raum geprüft. Für die Weiterentwicklung der Web-Applikation ist im Verstetigungsprojekt USEfUL XT die Hacon Ingenieursgesellschaft mbH als neue Wirtschaftspartnerin hinzugekommen. Das Projekt soll seinem Akronym gerecht werden und „nützlich“ sein: Insbesondere Politiker*innen und Kommunen können die Web-Applikation anwenden, um entsprechend ihren definierten Nachhaltigkeitszielen, effek­tive Maßnahmen zu identifizieren. Mit der Umsetzung der identifi­zierten Logistikkonzepte, soll die innerstädtische Logistik beispielsweise leiser werden und geringere Schadstoffemissionen aufweisen. Dadurch können Städte für die Bürger*innen lebenswerter werden.

Elektro-Fahrzeuge und -Lastenräder spielen künftig für Transport und Logistik eine große Rolle. Foto: Achim Wagner/stockAdobe.com
Elektro-Fahrzeuge und -Lastenräder spielen künftig für Transport und Logistik eine große Rolle. Foto: Achim Wagner/stockAdobe.com

Pilotierung und Umsetzung

Eine Kompetenzregion für die urbane Logistik zu etablieren heißt, neben dem Erforschen von innovativen Logistikkonzepten und dem Verstehen der Wirkungszusammenhänge des Wirtschaftsverkehrs auch die praktische Implementierung von Pilotprojekten in der Stadt voranzutreiben. Durch den übergreifenden Austausch mit Stakeholdern – der Planung und Erprobung von neuen Logistikkonzepten im Realbetrieb – können auf kommunaler Seite verwaltungsinterne Prozesse durchlaufen und evaluiert, aber auch betriebsinterne Prozesse der Unternehmen angepasst und optimiert werden. Der Ansatz der LHH ist es, Pilotprojekte förderunabhängig, weitgehend regulierungsfrei und mit dem Anspruch auf perspektivischer Wirtschaftlichkeit sowie Effizienz zu initiieren. Basierend auf diesem hannoverschen Ansatz ist im ­Sommer 2019 in Linden-Nord, ein Stadtteil mit 17.000 Bewohner*innen und mit der höchsten Bevölkerungsdichte im Stadtgebiet Hannovers, ein Pilot­projekt mit den vier volumenstärksten Kurier-, Express- und ­Paket-Dienstleistungsunternehmen (KEP) und einem lokalen Dienstleister gestartet worden, welches darauf abzielt,
1. eine lokal emissionsfreie Paketbelieferung eines gesamten Stadtteils unter Einsatz innovativer Zustellmethoden kurzfristig zu realisieren,
2. die Verkehrssicherheit durch das Vermeiden des Haltens in zweiter Reihe, sichtbehindernd oder auf fremden Infrastrukturen zu erhöhen,
3. eine Bewusstseinsbildung durch erkennbare Flächeninanspruchnahme durch die Logistik zu fördern und
4. die Effizienz der Nutzung des öffentlichen Raums im Stadtgebiet zu steigern.

Beruhend auf Freiwilligkeit haben die teilnehmenden KEP-Dienstleistungsunternehmen ihre Fahrzeugflotten in Linden-Nord auf E-Fahrzeuge und Lastenräder umgestellt, damit werden circa 1.000 ­Pakete täglich lokal emissionsfrei zugestellt. Um eine Feinverteilung der Pakete mit Lastenrädern zu ermöglichen und zugleich die Zielgrößen Verkehrssicherheit, Bewusstseinsbildung sowie effiziente Flächen­nutzung zu erreichen, hat die LHH 21 Logistikpunkte, StVO-­konform, sowie zwei Umschlagspunkte in Linden-Nord zur Feinv­er­teilung im öffentlichen Straßenraum eingerichtet. Die Logistikpunkte beanspruchen jeweils zwei PKW-Stellplätze und sind werktags zwischen 9 und 17 Uhr dem Lieferverkehr vorbehalten. Damit ist gewährleistet, dass den Stadtbewohner*innen die Nutzung der Stellplätze zu den ­übrigen Tageszeiten zu Verfügung steht. Das Pilotprojekt ist aufgrund der positiven Ergebnisse ­verstetigt und dient als Blaupause für weitere Stadtbezirke in Hannover. Eine sukzessive Ausweitung der Logistikpunkte ist angedacht. Parallel werden ­weitere Möglichkeiten geprüft, um Anforderungen und digitale Zugänge für den öffentlichen Raum zu definieren.

Seit 2022 wird durch das Bundesministerium für Verkehr und digi­tale Infrastruktur das Projekt 5GAPS – 5G Access to Public Spaces bis 2024 gefördert. Hinter 5GAPS verbirgt sich das Vorhaben, den öffentlichen Raum in den drei Raumdimensionen digital in (nahezu) beliebiger Feinheit zu erfassen und auf­zuteilen, die ermittelten räumlichen Würfel (Cubelets) systematisch mittels einer ID zu adressieren und somit Zielgruppen mit unterschiedlichen, teil­weise konkurrierenden Nutzungsbedarfen zugänglich zu machen. Das Ziel von 5GAPS ist ein hoch­präzises dreidimensionales Positionierungssystem, dessen diskrete virtuelle Würfel jederzeit beliebige, noch zu bestimmende ­Eigenschaften annehmen können. Die dynamischen Änderungen der Würfel­eigenschaften im Zeitablauf müssen in Echtzeit erfasst und verarbeitet werden, um Nutzungen zu ermöglichen oder Nutzungskonflikte zu vermeiden. Der technische Ansatz ist ein global definiertes, skalier­bares Koordinatensystem, das Raum-, Zeit- und Zustandsinformationen ­erfasst.

Die Schaffung von digitalen Zugängen für den Öffentlichen Raum ist ein ­weiterer Schritt, logistische Prozesse und die damit verbundenen Flächenkonkurrenzen effizient, klimagerecht und lebenswert zu ­steuern. Weitere Informationen gibt es unter: www.urbane-logistik.de.

Titelbild: Shutter2U/stockAdobe.com